Philipp Katzer

Lebt seit der Geburt in Berlin und arbeitet hier als freier Journalist und Autor. Seine Werke werden in Magazinen, im Rundfunk und im Internet veröffentlicht. Er sagt: "Ich habe auf alles eine Frage."

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asisi Leipzig

In den Wirren

20/10/2013
A u s s t e l l u n g s f i l m | A S I S I      In Leipzig wird gerade der Völkerschlacht vor 200 Jahren gedacht. Mit einem irrwitzigen Spektakel verklärt die Stadt das hunderttausendfache Sterben zu Leipziger Schlachtfestspielen. Eine Ausnahme ist das Panorama LEIPZIG 1813 von Yadegar Asisi. | meine leistungen: konzept, regie

Als Regisseur des Making-of Films zu diesem Projekt habe ich den Panorama-Künstler fast ein Jahr bei seiner Arbeit begleitet. LEIPZIG 1813 zeigt nicht die Völkerschlacht, das hat Yadegar Asisi in dieser Zeit oft betont. Natürlich sieht man kämpfende Soldaten und brennende Häuser, aber nur aus einiger Entfernung. Sein Panorama zeigt die Stadt Leipzig, den Umgang der Bürger mit dem Krieg.

„Die Stadt hatte mit der Schlacht eigentlich gar nichts zu tun.“

Yadegar Asisi

„Ich bin in Leipzig groß geworden und da hatte ich die Idee, dass man die Schlacht mal aus der Position der Stadt zeigen müsste“, sagt Yadegar Asisi. „Die Stadt hatte mit der Schlacht eigentlich gar nichts zu tun. Die Völkerschlacht hätte genauso gut bei Magdeburg sein können.“ Deshalb zeigt Asisi sein Leipzig nach dem Ende der Schlacht – in dem Moment, als Napoleon aus der Stadt flüchtet.

Trailer für das asisi Panorama LEIPZIG 1813 

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Richard Mosse

Richard Mosse

16/09/2013
B L O G | T e x t     Mein Besuch der 55. La Biennale di Venezia wirkt noch Tage später nach. Der Versuch zu erklären, warum mich die Infrarotfilm-Aufnahmen von Richard Mosse so bewegen.

In meinem Kopf ist alles Pink. Ein psychedelisches Rauschen, kurz vor dem Bahnhof von Altglienicke. Ich komme zurück von der Biennale in Venedig, sitze in der fast leeren S-Bahn, die umständlich vom Flughafen Schönefeld in Richtung Berliner Innenstadt zuckelt. Alles ist grau. Nur in meinem Kopf nicht.

Da sind diese Bilder, immer wieder: Eine Kamera schwebt durch wundersame Landschaften – Berge, Wälder und Felder sind zu sehen, doch alle Grüntöne strahlen in Magenta. Auch die Uniformen der dunkelhäutigen Soldaten. Junge Soldaten mit riesenhaften Gewehren, die den Regenwald durchkämen. Dazu eine Soundsphäre, die mit dem Erwartbarem bricht. Ich sehe einen See, bläulich schimmernd, ich sehe Wellen – und höre nur ein Zischen.

Die Eindrücke habe ich aus dem irischen Pavillon der Biennale mitgebracht. Der Fotograf Richard Mosse ist für seine Installation „The Enclave“ zwei Jahre lang immer wieder in den östlichen Kongo gereist und hat dort mit einer Infrarotkamera, der Kodak Aerochrome, das Treiben von verschiedenen Rebellengruppen dokumentiert. Bereits im letzten Jahr stellte der Künstler Fotografien, die er im Zuge der zahlreichen Reisen nach Afrika gemacht hatte, im Berliner Künstlerhaus Bethanien aus („Infra“).

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Tour de France

16/07/2013
M U L T I M E D I A | Z E I T  O N L I N E     Vor wenigen Minuten ist unser multimediales Dossier zur Tour de France auf ZEIT ONLINE veröffentlicht worden. Der Profisport spielt darin nur eine Nebenrolle. Wir zeigen, wie das größte Radrennen der Welt drei Menschenleben lenkt. Ich portraitiere im dritten Kapitel einen pensionierten Top-Manager, der mit fast 50 Jahren Rennrad fährt wie ein Profi. Der jede Etappe der 100. Tour de France am Tag des eigentlichen Rennens schaffen will. Nur wenige Stunden vor dem Peloton.

Am Sonntag haben wir Keith Tuffley, so heißt der Verrückte, auf seiner 11-stündigen Fahrt begleitet. Sind nur wenige Meter hinter ihm den steilen Anstieg zum Mont Ventoux hochgeklettert. Im Auto, selbstredend. Die zehntausenden Zuschauer standen bereits dicht gedrängt am Straßenrand. Feuerten an, schrien, fackelten Bengalos ab. Eine der denkwürdigsten Autofahrten meines Lebens.

Die Idee zu dem aufwendigen Projekt hatten Jonathan Sachse und ich bei einem Frühstück vor zwei Monaten. Wir konnten die Sportredaktion von ZEIT ONLINE schnell dafür begeistern und haben das Online Scroll Dossier, diese avantgardistische Form des Geschichtenerzählens im Internet, gemeinsam mit Leiter Steffen Dobbert und einem großem Team umgesetzt. Wir als freie Journalisten sind stolz und beeindruckt, was im professionellen Zusammenspiel mit einer festen Redaktion in kurzer Zeit möglich ist.

Toni Martin Interview

Wenn Sportvereine zu TV-Sendern werden

28/04/2013
T V | Z D F  I N F O      Elektrischer Reporter ist eine Fernsehsendung auf ZDFinfo, die sich mit dem durch die Digitalisierung befeuerten Medienwandel auseinandersetzt. Als Autor für den @ElRep habe ich mir in der letzten Sendung angeschaut, wie Vereine der Fußball-Bundesliga mit eigenen Klub-TV Kanälen im Internet in Konkurrenz zu den etablierten Fernsehmedien treten. | meine Leistungen: recherche, konzept, regie

Seit der Entstehung des dualen Rundfunks in Deutschland Mitte der achtziger Jahre ist der TV-Markt für die Fußball-Bundesliga ein symbiotisches Geflecht aus Vereinen, Fernsehsendern und Sponsoren, in dem alle Seiten voneinander abhängig sind. Die Vereine finanzieren sich über die Gelder der Sender und Sponsoren, die Sponsoren brauchen die Aufmerksamkeit, welche die Vereine generieren und erst durch die Sender eine entsprechende Reichweite bekommt – und die Sender erweitern mit den Vereinen ihre Reichweite, die sie den Sponsoren in Form von Werbezeiten verkaufen.

Die Bundesliga ist ein Geschäft mit irrwitzigen Ausmaßen: Für die kommenden vier Jahre kassieren die Vereine von den Sendern insgesamt 2,5 Milliarden Euro für die TV-Übertragungsrechte.*

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Mein Freund: Der Soldat

Meine Freunde: Der Soldat

11/04/2013
b l o g | t e x t       Jahrelang arbeitet Ein Soldat auf seinen großen Einsatz hin. Als es soweit ist, will er nicht GEHEN. Seine kleine Tochter wird ihn danach nicht mehr erkennen.

„Alter, wanderst Du aus?“ brüllt der Schmuckhändler vom Stand gegenüber, „mit dem ganzen Zeug könntest Du ja gleich deinen eigenen Markt starten!“ Noch hängt die Nacht wie ein schwarzer Umhang über dem Berliner Flohmarkt. Die, die jeden Sonntag hier sind, wie der graubärtige Kroate mit den selbstgemachten Ohrringen, haben längst alles aufgebaut.

Thorben Miller* nimmt den alten Mann kaum wahr. Eilig lädt er weiter aus, schließlich ist sein Möbelwagen noch halbvoll. Kurz darauf hebt er eine sperrige Couch allein von der Rampe, ein prächtiges Teil aus weißem Leder. Dabei kommt er mit zwei Gestalten in leuchtenden Sportanzügen ins Gespräch – und verkauft das edle Möbel für ein paar Münzen. „Alles muss raus“ ruft er ihnen grinsend hinterher, „ihr könnt meine ganze Wohnung haben. Ich will den Plunder loswerden!“

Miller ist ein drahtiger Typ, Anfang 30, charmante Ausstrahlung; zwischen den blassen Gesichtern der anderen Marktleute könnte man ihn mühelos für einen Vertreter der Berliner Bohème halten – mit seiner Vintage-Brille, dem abgenutzten Mantel, und den über die Stiefel gekrempelten Jeans. Doch Miller stammt aus einer anderen Welt. Eine, in der man Uniform trägt – und sie manchmal für Monate nicht mehr auszieht.

In knapp zwei Wochen wird Hauptmann Thorben Miller in Afghanistan über 90 Soldaten befehlen, als Führer einer Umschlagstaffel in Masar-i-Sharif, dem größten Feldlager der Bundeswehr. „Wir versorgen die Jungs vor Ort mit allem, was sie brauchen“, blickt er vorfreudig auf seine Mission, „vom Snickers bis zum Helikopter-Motor.“ Und nebenbei ist die Staffel für die Koordination des Abzugs vom Hindukusch verantwortlich, 2014 endet die unbeliebte ISAF-Mission.

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Die Mauer

10/02/2013
w e b V I D E O | A S I S I      Für den Künstler Yadegar Asisi habe ich in Zusammenarbeit mit Richard Klemm (Kamera / Schnitt) einen Trailer produziert, der das neueste Projekt Asisis vorstellt. Das Panorama „DIE MAUER“ macht für mich vor allem eines fassbar: das Leben an der Berliner Mauer war ein Leben wie jedes andere auch. | meine leistungen: konzept, regie 

Die Panoramen von Yadegar Asisi sind die größten räumlichen Gemälde der Welt. In Leipzig und Dresden, zwei Städten, in denen der Künstler mit persischen Wurzeln gelebt hat, stellt er seine Panoramen seit einigen Jahren in alten Gasometern aus. Das Panorama über das geteilte Berlin zeigt einen künstlerisch verdichteten Blick auf die Zeit des Kalten Krieges. Präsentiert wird der Alltag mit der Berliner Mauer an einem fiktiven Herbsttag in den 1980er Jahren.

Der Trailer versucht, die individuellen Erfahrungen der Panorama-Besucher beim Blick auf die Mauer zu illustrieren: Ganz gleich, ob man eigene Erinnerungen mitbringt, sich theoretisch mit dem zeitgeschichtlichen Hintergrund befasst hat oder keinen Bezug zur Materie hat – das Panorama bietet ein nachhaltiges Erlebnis, das eben nur dieses Medium möglich machen kann. Der Panorama als subjektive, immersive, sinnliche Erfahrung.

Meine Freunde: Der Fahrradkurier

19/12/2012
t e x t | T I P  S T A D T M A G A Z I N     Fast jede Woche finden in Berlin unangemeldete Fahrradrennen statt. Im Schutz der Dunkelheit messen die Kurierfahrer bei sogenannten alleycats ihre Kräfte. Dann geht es nicht nur um den Sieg, sondern auch um das schöne Gefühl, eine verschworene Gemeinschaft zu sein. | Meine Leitungen: Recherche, text

Für eine Subkultur, die eher im Verborgenen bleiben will, ist in diesem Augenblick selbst die dunkelste Ecke der Stadt nicht dunkel genug.

Es ist Mittwoch, ein kalter Abend in der Nähe des ICC, als sich in der Dunkelheit zwei blinkende Gestalten nähern. „Zwo-45 und Triple-6, macht eure Lampen aus“ ruft ihnen jemand aus der Gruppe entgegen, die sich im Schatten einer riesigen Skulptur versteckt. „Wir wollen doch niemanden auf uns aufmerksam machen!“ Für eine Subkultur, die eher im Verborgenen bleiben will, ist in diesem Augenblick selbst die dunkelste Ecke der Stadt nicht dunkel genug. Keiner will, dass die Polizei jetzt noch alles zerstört. Schließlich soll das Rennen in ein paar Minuten starten.

Im Schutz der Nacht fast unbemerkt treffen sich Berliner Fahrradkuriere fast jede Woche zu abenteuerlichen Straßenrennen. Im laufenden Verkehr rasen sie durch die Stadt, Zuschauer, Wegweiser oder gar Straßensperrungen gibt es nicht. „Alleycats“ (engl. streunende Katzen), wie die Rennen in der Szene genannt werden, sind natürlich nicht offiziell angemeldet. Überhaupt wäre nicht klar, welche Straßen gesperrt werden sollten, denn jeder Starter fährt eine andere Route – genau wie im Kurieralltag. In einer Art Schnitzeljagd passieren sie mehrere „Checkpoints“ und müssen dort exotische Aufgaben lösen, wie vorbeilaufende Passanten zum Salsa-Tanzen überreden, stilvoll einen Bikini überziehen oder Berliner Ecken der 20er-Jahren erkennen – jede falsche Antwort wird mit einem Schnaps bestraft!

Heute Abend ist Halloween und am Treffpunkt im Berliner Westen sieht es noch lange nicht nach Aufbruch aus. Im Gegenteil: Ein junger Fahrer, tiefschwarzer Vollbart, roter Helm, baut im schwachen Licht seines Handydisplays einen Joint. Bierflaschen klirren, irgendwo öffnet jemand einen Sekt – von Wettkampfvorbereitung keine Spur. Die Situation erinnert eher an eine junge Touristenmeute, kurz vor dem Start in die Berliner Party-Rushhour. „Triple-6“, den man an seiner rosa-neonblauen Mütze auch im Dunkeln erkennt, klärt auf: „Man darf nicht vergessen, dass ein Alleycat einfach eine schöne Art ist, den Feierabend miteinander zu verbringen.“ Das Gesellige davor und danach sei ein ebenso wichtiger Teil der Kultur, wie das Rennen selbst. „Trotzdem“ entgegnet „Zorro“, der schon seit 28 Jahren als Fahrradkurier arbeitet, „für mich ist es immer auch das Kribbeln, herauszufinden, wer von uns der Beste ist.“

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Durch die Mongolei

29/08/2012
B L O G | f i l m      Ein sehr persönlicher Film von einem grandiosen reiseAbenteuer.

Wir sind in zwei Monaten von Moskau nach Peking gefahren – mit der Transmongolischen Eisenbahn. Ich habe fotografiert, auch ein paar Videos gemacht, und dann, gleich nach der Reise, hat sich alles wie von selbst zusammengefügt.

The Trans-Mongolian Railway is one of the greatest rail journeys of the world.

Die Ökonomie von Blogs

05/11/2011

Dieser Text ist ein Auszug aus der Einleitung meiner Magisterarbeit.

B L O G | e S s a y     Die Digitalisierung der Medien hat grundlegende medienökonomische Gesetzmäßigkeiten außer Kraft gesetzt. Verkaufserlöse und Werbeeinnahmen, die beiden traditionellen Säulen des journalistischen Geschäftsmodells, sind im Internet einem nachhaltigen Erosionsprozess ausgesetzt und können die Refinanzierung der Kosten für die Produktion der Inhalte in der Regel nicht mehr eigenständig gewährleisten.

Treibende Kräfte dieser Entwicklung sind in besonderem Maße die fehlende Zahlungsbereitschaft für Online-Inhalte, maßgeblich geprägt durch die im Internet vorherrschende Gratis-Mentalität, sowie das miserable Preis-Niveau für Online-Werbung, welches nicht zuletzt aus der scheinbar unbegrenzt vorhandenen Werbefläche im Internet resultiert. „You get lousy pennies on the web“ beklagte vor einiger Zeit der deutsche Verleger Hubert Burda: Medieninhalte haben im Internet ein veritables Finanzierungsproblem.

Bei kommerziellen Weblogs tritt dieser Missstand sogar in zugespitzter Form auf, denn Blogs üben aufgrund ihrer in der Regel kleineren Leserschaften, der wenig seriösen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und fehlender Professionalität bei der Vermarktung weniger Anziehungskraft auf potenzielle Werbekunden aus als andere Onlinemedien. Tatsächlich kann sich in Deutschland die überwiegende Mehrheit der kommerziell orientierten Blogs nicht autonom finanzieren. Während die Kommerzialisierung der US-amerikanischen Blogosphäre bereits weit vorangeschritten ist und einige Blogs wie z.B. die Huffington Post als vollwertige Medienunternehmen wahrgenommen werden, scheint dies hierzulande „bislang nur in bescheidenem Umfang gelungen“.

Dabei haben sich Blogs auch in Deutschland längst als professionelles Medienformat etabliert. Vertreter wie z.B. Meedia , netzpolitik.org , Spreeblick oder Carta treten hinsichtlich der Nutzerzahlen als auch des publizistischen Einflusses schon länger in Konkurrenz zu den etablierten Onlinemedien. Der gegenwärtige Zustand ist aus wirtschaftlicher Perspektive demnach äußerst diffus: Es existiert eine Vielzahl an professionell betriebenen Blogs, die Werte in Form von Inhalten produzieren, und dass obgleich die Chancen auf eine direkte Refinanzierung zum jetzigen Zeitpunkt sehr ungünstig erscheinen.
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