Philipp Katzer

Lebt seit der Geburt in Berlin und arbeitet hier als freier Journalist und Autor. Seine Werke werden in Magazinen, im Rundfunk und im Internet veröffentlicht. Er sagt: "Ich habe auf alles eine Frage."

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Die Mauer

10/02/2013
w e b V I D E O | A S I S I      Für den Künstler Yadegar Asisi habe ich in Zusammenarbeit mit Richard Klemm (Kamera / Schnitt) einen Trailer produziert, der das neueste Projekt Asisis vorstellt. Das Panorama „DIE MAUER“ macht für mich vor allem eines fassbar: das Leben an der Berliner Mauer war ein Leben wie jedes andere auch. | meine leistungen: konzept, regie 

Die Panoramen von Yadegar Asisi sind die größten räumlichen Gemälde der Welt. In Leipzig und Dresden, zwei Städten, in denen der Künstler mit persischen Wurzeln gelebt hat, stellt er seine Panoramen seit einigen Jahren in alten Gasometern aus. Das Panorama über das geteilte Berlin zeigt einen künstlerisch verdichteten Blick auf die Zeit des Kalten Krieges. Präsentiert wird der Alltag mit der Berliner Mauer an einem fiktiven Herbsttag in den 1980er Jahren.

Der Trailer versucht, die individuellen Erfahrungen der Panorama-Besucher beim Blick auf die Mauer zu illustrieren: Ganz gleich, ob man eigene Erinnerungen mitbringt, sich theoretisch mit dem zeitgeschichtlichen Hintergrund befasst hat oder keinen Bezug zur Materie hat – das Panorama bietet ein nachhaltiges Erlebnis, das eben nur dieses Medium möglich machen kann. Der Panorama als subjektive, immersive, sinnliche Erfahrung.

Meine Freunde: Der Fahrradkurier

19/12/2012
t e x t | T I P  S T A D T M A G A Z I N     Fast jede Woche finden in Berlin unangemeldete Fahrradrennen statt. Im Schutz der Dunkelheit messen die Kurierfahrer bei sogenannten alleycats ihre Kräfte. Dann geht es nicht nur um den Sieg, sondern auch um das schöne Gefühl, eine verschworene Gemeinschaft zu sein. | Meine Leitungen: Recherche, text

Für eine Subkultur, die eher im Verborgenen bleiben will, ist in diesem Augenblick selbst die dunkelste Ecke der Stadt nicht dunkel genug.

Es ist Mittwoch, ein kalter Abend in der Nähe des ICC, als sich in der Dunkelheit zwei blinkende Gestalten nähern. „Zwo-45 und Triple-6, macht eure Lampen aus“ ruft ihnen jemand aus der Gruppe entgegen, die sich im Schatten einer riesigen Skulptur versteckt. „Wir wollen doch niemanden auf uns aufmerksam machen!“ Für eine Subkultur, die eher im Verborgenen bleiben will, ist in diesem Augenblick selbst die dunkelste Ecke der Stadt nicht dunkel genug. Keiner will, dass die Polizei jetzt noch alles zerstört. Schließlich soll das Rennen in ein paar Minuten starten.

Im Schutz der Nacht fast unbemerkt treffen sich Berliner Fahrradkuriere fast jede Woche zu abenteuerlichen Straßenrennen. Im laufenden Verkehr rasen sie durch die Stadt, Zuschauer, Wegweiser oder gar Straßensperrungen gibt es nicht. „Alleycats“ (engl. streunende Katzen), wie die Rennen in der Szene genannt werden, sind natürlich nicht offiziell angemeldet. Überhaupt wäre nicht klar, welche Straßen gesperrt werden sollten, denn jeder Starter fährt eine andere Route – genau wie im Kurieralltag. In einer Art Schnitzeljagd passieren sie mehrere „Checkpoints“ und müssen dort exotische Aufgaben lösen, wie vorbeilaufende Passanten zum Salsa-Tanzen überreden, stilvoll einen Bikini überziehen oder Berliner Ecken der 20er-Jahren erkennen – jede falsche Antwort wird mit einem Schnaps bestraft!

Heute Abend ist Halloween und am Treffpunkt im Berliner Westen sieht es noch lange nicht nach Aufbruch aus. Im Gegenteil: Ein junger Fahrer, tiefschwarzer Vollbart, roter Helm, baut im schwachen Licht seines Handydisplays einen Joint. Bierflaschen klirren, irgendwo öffnet jemand einen Sekt – von Wettkampfvorbereitung keine Spur. Die Situation erinnert eher an eine junge Touristenmeute, kurz vor dem Start in die Berliner Party-Rushhour. „Triple-6“, den man an seiner rosa-neonblauen Mütze auch im Dunkeln erkennt, klärt auf: „Man darf nicht vergessen, dass ein Alleycat einfach eine schöne Art ist, den Feierabend miteinander zu verbringen.“ Das Gesellige davor und danach sei ein ebenso wichtiger Teil der Kultur, wie das Rennen selbst. „Trotzdem“ entgegnet „Zorro“, der schon seit 28 Jahren als Fahrradkurier arbeitet, „für mich ist es immer auch das Kribbeln, herauszufinden, wer von uns der Beste ist.“

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Durch die Mongolei

29/08/2012
B L O G | f i l m      Ein sehr persönlicher Film von einem grandiosen reiseAbenteuer.

Wir sind in zwei Monaten von Moskau nach Peking gefahren – mit der Transmongolischen Eisenbahn. Ich habe fotografiert, auch ein paar Videos gemacht, und dann, gleich nach der Reise, hat sich alles wie von selbst zusammengefügt.

The Trans-Mongolian Railway is one of the greatest rail journeys of the world.

Die Ökonomie von Blogs

05/11/2011

Dieser Text ist ein Auszug aus der Einleitung meiner Magisterarbeit.

B L O G | e S s a y     Die Digitalisierung der Medien hat grundlegende medienökonomische Gesetzmäßigkeiten außer Kraft gesetzt. Verkaufserlöse und Werbeeinnahmen, die beiden traditionellen Säulen des journalistischen Geschäftsmodells, sind im Internet einem nachhaltigen Erosionsprozess ausgesetzt und können die Refinanzierung der Kosten für die Produktion der Inhalte in der Regel nicht mehr eigenständig gewährleisten.

Treibende Kräfte dieser Entwicklung sind in besonderem Maße die fehlende Zahlungsbereitschaft für Online-Inhalte, maßgeblich geprägt durch die im Internet vorherrschende Gratis-Mentalität, sowie das miserable Preis-Niveau für Online-Werbung, welches nicht zuletzt aus der scheinbar unbegrenzt vorhandenen Werbefläche im Internet resultiert. „You get lousy pennies on the web“ beklagte vor einiger Zeit der deutsche Verleger Hubert Burda: Medieninhalte haben im Internet ein veritables Finanzierungsproblem.

Bei kommerziellen Weblogs tritt dieser Missstand sogar in zugespitzter Form auf, denn Blogs üben aufgrund ihrer in der Regel kleineren Leserschaften, der wenig seriösen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und fehlender Professionalität bei der Vermarktung weniger Anziehungskraft auf potenzielle Werbekunden aus als andere Onlinemedien. Tatsächlich kann sich in Deutschland die überwiegende Mehrheit der kommerziell orientierten Blogs nicht autonom finanzieren. Während die Kommerzialisierung der US-amerikanischen Blogosphäre bereits weit vorangeschritten ist und einige Blogs wie z.B. die Huffington Post als vollwertige Medienunternehmen wahrgenommen werden, scheint dies hierzulande „bislang nur in bescheidenem Umfang gelungen“.

Dabei haben sich Blogs auch in Deutschland längst als professionelles Medienformat etabliert. Vertreter wie z.B. Meedia , netzpolitik.org , Spreeblick oder Carta treten hinsichtlich der Nutzerzahlen als auch des publizistischen Einflusses schon länger in Konkurrenz zu den etablierten Onlinemedien. Der gegenwärtige Zustand ist aus wirtschaftlicher Perspektive demnach äußerst diffus: Es existiert eine Vielzahl an professionell betriebenen Blogs, die Werte in Form von Inhalten produzieren, und dass obgleich die Chancen auf eine direkte Refinanzierung zum jetzigen Zeitpunkt sehr ungünstig erscheinen.
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Bezahlen mit einem Tweet

22/05/2011
B L O G | t e x t      Für Inhalte wird im Internet nicht mit Geld bezahlt, sondern mit Aufmerksamkeit in Form von Empfehlungen – per Link, Post oder Tweet.

„Ich will alles, und zwar kostenlos“ ist eine weit verbreitete Attitüde im Netz, auch bei mir. Warum sollte man für Online-Inhalte bezahlen, wenn das kostenfreie Konkurrenzangebot nur einen Mausklick entfernt liegt? Zumal im Zuge der Digitalisierung nicht nur die Menge an Inhalten explodiert ist, sondern deren Wert gleichzeitig signifikant abnimmt. Denn im Internet kann wirklich jeder ohne technisches Wissen seine Meinung veröffentlichen. Investieren muss man dafür nichts  – außer seine Zeit. Inhalte, vor allem auf Blogs, entstehen deshalb zu einem Großteil ohne die Absicht, damit Geld zu verdienen. Nur eines wollen sicherlich alle: wahrgenommen werden.

Im Internet hat Geld als Verkehrswährung für Inhalte eigentlich noch nie eine bedeutende Rolle gespielt. Die Entmaterialisierung des Wirtschaftprozesses nimmt hier unübersehbar seinen Lauf. Gute Inhalte werden von denen, die mit dem Internet aufgewachsen sind, in anderer Form belohnt: Gefällt uns ein Artikel, dann verlinken wir ihn in unserem Blog, posten ihn in unserem Facebook-Profil oder empfehlen ihn unseren Followern bei Twitter. Wir lenken also die Aufmerksamkeit unseres Netzwerks auf den Artikel – und bezahlen auf diese Weise dafür. Denn angesichts der digitalen „Informationsflut“ ist unsere Aufmerksamkeit zu einer knappen Ressource geworden, zum wichtigsten Gut überhaupt: „Die Aufmerksamkeit rationiert die Möglichkeiten des Erlebens, wie das Geld die materiellen Möglichkeiten der Lebensführung rationiert“, summiert Georg Franck, einer der Väter der Aufmerksamkeitsökonomie. Seine in Wissenschaftskreisen kontrovers diskutierte These: Gerade im Medienbereich besitzt die Aufmerksamkeit als ökonomische Kategorie eine universellere Bedeutung als Geld.

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